Freitag, 29. August 2008

Der Antarktisvertrag

Der Antarktisvertrag von 1961
Das Zeitalter der grossen Entdeckungen in der Antarktis war Mitte der 50er Jahre vorüber. Der Entdecker wird durch den Wissenschaftler ersetzt. Eine Ausnahme sind noch diejenigen Personen, welche aus sportlichen Gründen die Antarktis aufsuchen. Die Entdecker hinterliessen ein schwieriges Erbe: konkurrierende Territorialansprüche verschiedener Nationen, die Teile der Antarktis für sich beanspruchten. Die USA hatten zunächst das Recht angemeldet, einen eigenen Landanspruch zu formulieren, beanspruchten aber nie einen genau definierten Sektor für sich. Die Sowjetunion anerkannte diese Landansprüche nie. Ein nützlicher Schritt für die Lösung dieser Auseinandersetzungen war das Internationale Geophysikalische Jahr (IGY) und der Naturwissenschaftliche Ausschuss für Antarktische Forschung (SCAR).
Vor diesem Hintergrund trafen sich ab Juni 1958 in Washington die Delegierten jenen 12 Nationen, die während des IGY zusammengearbeitet hatten. Es waren dies: Argentinien, Australien, Belgien, Chile, Frankreich, Grossbritannien, Japan, Neuseeland, Norwegen, Südafrika, UdSSR und USA. Als Ergebnis der Verhandlungen wurde am 1.Dezember 1959 der Antarktisvertrag unterzeichnet. Er trat am 23.Juni 1961 in Kraft.
Das Vertragswerk besteht aus 14 Artikeln - der Inhalt in Stichworten:
Art. 1: die Antarktis dient nur friedlichen Zwecken
Art. 2: uneingeschränkte wissenschaftliche Forschung und Zusammenarbeit sind möglich
Art. 3: Austausch von Informationen und Wissenschaftlern
Art. 4: kein ausdrücklicher Verzicht auf bisherige territoriale Ansprüche der Unterzeichnerstaaten, sie werden vorerst zurückgestellt und neue Forderungen dürfen während der Gültigkeit des Vertrages nicht erhoben werden
Art. 5: Verbot jeglicher Kernwaffenversuche in der Antarktis und Verbot von Lagerstätten für radioaktive Abfallprodukte
Art. 6: die geographischen Grenzen
Art. 7: Ernennung von Beobachtern und Bekanntgabe von Stationen und Expeditionen
Art. 8: Zuständige Gerichtsbarkeit für Beobachter und Wissenschaftlern
Art. 9: Konferenzen der Mitgliedstaaten
Art.10-14: Aufrechterhaltung, Verbesserung und Verwaltung des Vertrages

Der Antarktisvertrag war das erste internationale Abkommen nach dem Zweiten Weltkrieg, das für eine bestimmte Region alle militärischen Massnahmen untersagt. Damit war er auch die erste Vereinbarung über eine kernwaffenfreie Zone in der Welt.

Vertragsgebiet:

Es umfasst die Bereiche südlich des 60. Breitengrades und schliesst die Schelfeisgebiete mit ein.

Mitglieder:

Dem Antarktisvertrag gehören heute folgende Mitglieder an:

12 Gründungsmitglieder (=Vollmitglieder) : Argentinien, Australien, Belgien, Chile, Frankreich, Grossbritannien, Japan, Neuseeland, Norwegen, Russland (damals UdSSR =Sowjetunion), Südafrika, USA

14 Staaten mit Konsultativstatus (=Vollmitglieder), Voraussetzung ist die Errichtung einer wissenschaftlichen Station : Brasilien, China Volksrepublik, Deutschland, Ekuador, Finnland, Indien, Italien, Korea (Republik), Niederlande, Peru, Polen, Schweden, Spanien, Uruguay

17 Staaten ohne Konsultativstatus (=assoziierte Mitglieder): Bulgarien, Dänemark, Griechenland, Guatemala, Kanada, Kolumbien, DVR Korea, Kuba, Österreich, Papua-Neuguinea, Rumänien, Schweiz, Slowakei, Tschechische Republik, Türkei, Ukraine, Ungarn.

Der Vertrag beruft sich auf Ziele und Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen (UNO). Streitigkeiten sollen dem Internationalen Gerichtshof unterbreitet werden.

Organ:

Zentrales Entscheidungsgremium ist die Ordentliche Konsultativtagung (alle zwei Jahre); bei Bedarf finden Sonderkonsultativtagungen (zuletzt in Madrid 1991), daneben Expertentreffen statt.

Massnahmen und Übereinkommen, die den Antarktisvertrag begleiten

Konvention zur Erhaltung der antarktischen Fauna und Flora durch Schutzzonen und Artenschutz (in Kraft 1964)

Konvention zur Erhaltung der antarktischen Robben (in Kraft 1978)

Konvention zur Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis durch ein Kontrollsystem und gegebenenfalls eine Begrenzung ihrer Nutzung, z.B. bei Krill, Fischen (in Kraft 1982).

Ein Protokoll zum Antarktisvertrag betreffend den Umweltschutz (1992 in Kraft) bezeichnet die Antarktis für mindestens 50 Jahre als "ein dem Frieden und der Wissenschaft gewidmetes Naturreservat" ; jede Tätigkeit im Zusammenhang mit mineralischen Ressourcen (d.h. Abbau der Bodenschätze) mit Ausnahme wissenschaftlicher Forschung ist verboten. Das Protokoll enthält Regeln für die Umweltverträglichkeitsprüfungen in Bezug auf Pflanzen- und Tierwelt sowie Abfallbeseitigung und Reinheit des Meerwassers.

Ausserhalb des Antarktis-Vertragssystems wurde durch die Internationale Walfangkommission (IWC) 1994 ein für 50 Jahre geltendes, 21 Mio. km2 grosses Walschutzgebiet rund um die Antarktis errichtet.

Nachfolgend Ersttagsumschläge zur Erinnerung an 10 Jahre
Antarktisvertrag von den Gründerstaaten Norwegen, Russland und USA








Atomkraft
Während einigen Jahren gab es auf der US-Hauptstation gar ein kleines Atomkraftwerk. Die Anlage war aber sehr störungsanfällig und wurde daher wieder demontiert und zurück in die USA verschifft. Der Antarktisvertrag verbietet übrigens nur die Endlagerung von Atommüll - trotzdem wird es in der Antarktis kaum eine zweite Anlage geben. Das kleine Atomkraftwerk von Mc Murdo wurde schon längst aufgegeben.